Das Leben in der Nacht: Emotionen, Wirtschaft, Effizienz

Jean Luc Lambert - Schréder Urban Deco Business Segment Manager
Jean-Luc Lambert
Urban Deco Business Segment Manager

Viele Städte in ganz Europa haben Mittel und Wege gefunden, ihre Beleuchtungsstrategien angesichts der Energiekrise nach der russischen Invasion in der Ukraine im vergangenen Jahr zu optimieren. In Paris wird die funkelnde Beleuchtung des Eiffelturms nachts schon früher abgeschaltet, während deutsche Städte Einsparungen bei der Beleuchtung als Teil eines Gesamtpakets an Energiesparmaßnahmen begreifen.

Lässt man die Beleuchtung in den Städten im Winter jedoch eingeschaltet, bietet dies mehr Sicherheit, sorgt für mehr Zulauf und bringt den Bewohner*innen spürbare gesundheitliche Vorteile. Die Umstellung der Beleuchtung auf energieeffizientere Systeme ist der kompletten Abschaltung der Beleuchtung immer vorzuziehen. In diesem Blog betrachten wir die wichtige Rolle, welche die Nachtökonomie und das Gemeinschaftsgefühl, die eine geeignete Beleuchtung fördern kann, in der Stadt spielen. Zudem beleuchten wir das Thema, warum es beim Einsatz moderner LED-Systeme eine kluge Entscheidung ist, die Beleuchtung eingeschaltet zu lassen. 
 

Städte erwachen nach Einbruch der Dunkelheit zum Leben

Die London Night Time Commission vermerkte in ihrem Bericht Think Night: London's neighbourhoods from 6pm to 6am aus dem Jahr 2019, dass ein Drittel aller Berufstätigen in London nachts arbeitet, dass zwei Drittel der Bewohner*innen Londons nachts aktiv sind und dass ein Viertel aller Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln bei Nacht erfolgt. Die Stadt schläft nie. 

Londoner*innen und auch zahlreiche Tourist*innen genießen es, sich in der Stadt nachts zu Fuß oder mit dem Fahrrad fortzubewegen … Besonders gefällt ihnen dabei die festliche Stimmung und die ausgelassene Atmosphäre in belebten Stadtvierteln.

London Night Time Commission

Die Nachtökonomie gerät weltweit immer mehr ins Blickfeld wissenschaftlicher Untersuchungen. Diesbezügliche Untersuchungen von Städten, in denen dieses Wirtschaftsvolumen quantifiziert werden kann, sind oft beeindruckend. Die Nachtökonomie in New York City setzt in der Stadt, die niemals schläft, jährlich mehr als 10 Milliarden US-Dollar um. Im australischen Sydney entfallen nach Angaben des Papers „Guide to Managing Your Night Time Economy“, das vom Forschungs- und Beratungsinstitut Sound Diplomacy’s herausgegeben wurde, rund 10 16 Prozent aller Arbeitsplätze im Stadtzentrum auf die Wirtschaftsaktivitäten bei Nacht. 

Der Leitfaden nennt drei unterschiedliche beteiligte Personengruppen: Menschen, die die Nacht genießen (Menschen, die ausgehen und Restaurants, Gaststätten besuchen, Tanzen gehen oder Kulturveranstaltungen besuchen), Menschen, die nachts arbeiten (Personal an Veranstaltungsorten, Künstler*innen, Mitarbeitende im Gastgewerbe und im öffentlichen Verkehr, Taxifahrer) sowie Menschen, die nachts Kontrollfunktionen ausüben (Polizei, Feuerwehr, Mitarbeitende des Gesundheitswesens und der Stadtverwaltung). Sie alle benötigen eine gute Beleuchtung, um ihre Aufgaben auf sichere, angenehme Weise ausüben zu können. 

Das bedeutet jedoch nicht, dass zu jeder Nachtstunde dieselbe Beleuchtung bereitgestellt werden muss. An dieser Stelle kommen intelligente Systeme ins Spiel. Unser intelligentes Beleuchtungsmanagementsystem Schréder EXEDRA ermöglicht es Städten, die Beleuchtung in bestimmten Zonen jeweils an die spezifischen Bedürfnisse anzupassen. Wo viele Menschen unterwegs sind, können die Leuchten mit voller Leistung eingeschaltet bleiben, bis es spätabends ruhiger wird. Dann können die Leuchten gedimmt (aber nicht abgeschaltet werden), wobei Sensoren dafür sorgen, dass entsprechende Bereiche wieder hell erleuchtet werden, wenn beispielsweise Rettungsdienste im Einsatz sind oder das Verkehrsaufkommen wieder zunimmt. 
 

Gute Beleuchtung in Bad Hersfeld 

Bad Hersfeld ist ein charmanter Kurort im Nordosten von Hessen. Tausende Menschen besuchen Jahr für Jahr die Bad Hersfelder Opernfestspiele und die verschiedenen Märkte im Jahresverlauf, die in der imposanten romanischen Stiftsruine stattfinden. Der Gebäudekomplex wird mit dem intelligenten Beleuchtungssystem Schréder EXEDRA und mit SHUFFLE Stelen beleuchtet. Diese sorgen dafür, dass die Besucher*innen bei ihrem Aufenthalt festlichen Glanz genießen können. Die Stelen bieten zudem kostenloses WLAN und sind mit Sicherheitskameras ausgestattet. 

Besucher*innen beklagten sich häufig darüber, dass der Bereich um die Ruinen unzureichend, manchmal überhaupt nicht beleuchtet sei. Dank Bewegungsmeldern wird die Beleuchtungsstärke jetzt an das jeweilige Besucheraufkommen angepasst. So wird jeder Bereich richtig beleuchtet, und zwar genau dann, wenn dies nötig ist – und wir sparen immer noch eine Menge Energie ein.

Thomas Fehling - Mayor of Bad Hersfeld
Thomas Fehling
Bürgermeister von Bad Hersfeld (2010-2022)
Smart lighting enables cities to create vibrant ambiances to keep the nighttime economy alive and save energy

Nach dem großen Erfolg dieses Projekts dehnte man die Beleuchtungslösung Schréder EXEDRA auch auf Wohngebiete aus. Die Stadtverwaltung beauftragte eine Gruppe verschiedener Hightech-Partner mit der Entwicklung eines intelligenten Beleuchtungsnetzes, das die Helligkeit an das jeweilige Verkehrsaufkommen und die Witterungsbedingungen anpasst und die Farbtemperatur (von 2200 K bis 3000 K) je nach Tageszeit ändert. Das neue System sollte auch die Möglichkeit bieten, weitere intelligente Vorrichtungen zu integrieren, um neue Serviceleistungen anbieten zu können.  

In zwei Stadtvierteln wurden rund 200 Straßenleuchten der Typen IZYLUM und FLEXIA FG Midi installiert. Diese sorgen für eine bedarfsgerechte, adaptive Beleuchtung. „Wenn wir die Beleuchtung an die Witterungsbedingungen bzw. an die Jahreszeit anpassen, verbessert dies nicht nur die Qualität der Beleuchtung. Dieses Vorgehen ist auch in wirtschaftlicher Hinsicht sehr interessant“, so Bürgermeister Fehling (2010-2022). 

Die Installation der intelligenten Beleuchtung wird 2023 und ist auch ein entscheidender Schritt hin zur Klimaneutralität, die sich die Stadt für 2035 als Ziel gesetzt hat.

Das wegweisende Projekt sorgt bereits für großes Aufsehen: Es wurde 2022 von Smart Cities Connect mit einem Smart 50 Award ausgezeichnet
 

Ausgehen und das Leben genießen

Eine gute Beleuchtung schafft nicht nur einladende Bereiche für die Bewohner*innen und Besucher*innen einer Stadt, sie schreckt auch Kriminelle ab. Kehren wir wieder zurück zum Bericht der London Night Time Commission: Gut beleuchtete Bereiche (was nicht notwendigerweise immer besonders hell beleuchtete Bereiche sein müssen) können
durch Helligkeitssteuerung, Videoüberwachung, Lautsprecher für öffentliche Durchsagen, Notruftasten für eine Sprechverbindung mit Einsatz- und Notrufzentralen, elektronische Leitsysteme und durch die Besucherfrequenzüberwachung die Kriminalität eindämmen und die Stadt sicherer machen. All diese Optionen sind mit einer intelligenten Beleuchtungslösung wie SHUFFLE möglich.

In dem von Centre for London veröffentlichten Bericht „Seeing clearly: How lighting can make London a better city“ erläutern die Autoren, dass unser seit COVID-19 zunehmender Bedarf an öffentlichen Räumen für Sport, soziale Kontakte, Berufsverkehr und Arbeit zeigt, wie sehr unsere Lebensqualität in der Stadt von deren Beleuchtung abhängt.

Flächen im Freien werden nun auf eine Weise in das öffentliche Leben einbezogen und genutzt, wie man dies früher nicht kannte. Jetzt diese öffentlichen Bereiche wieder in Dunkelheit zu versenken, birgt die Gefahr, dass der anhaltende Aufschwung und das neu entstandene Gemeinschaftsgefühl in unseren Städten und Kommunen Schaden nehmen. In diesen finanziell angespannten Zeiten ist ein Spaziergang oder eine Fahrradtour nach Einbruch der Dunkelheit eine völlig kostenlose Möglichkeit, den Abend im Freien zu genießen – sei es in einer attraktiv beleuchteten Kleinstadt oder in einer futuristisch anmutenden Metropole
 

Besucher*innen willkommen heißen, Kriminelle abschrecken 

Der portugiesische Ort Vizela ist für seine mineralhaltigen heißen Quellen bekannt, die einst schon die Römer nutzten. Der Ort wurde erst vor 20 Jahren offiziell zur Stadt ernannt. Seitdem hat die Stadtverwaltung die Lebensqualität für die Bewohner*innen grundlegend verbessert. Dazu zählt auch eine umfassende Neugestaltung des öffentlichen Raums mit weniger Autoverkehr, mit typisch portugiesischer Pflasterung und mit Sitzgelegenheiten zum Verweilen. 

Dadurch wurde aus dem Stadtzentrum ein lebendiger und ansprechender öffentlicher Platz, der mit einer attraktiven Beleuchtung zur Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten, mit WLAN zum längeren Verweilen und mit einem Soundsystem zur Übertragung von Musik ausgestattet ist. Die intelligente SHUFFLE Stele bietet die optimale Basis für die Lautsprecher und die WLAN-Versorgung auf dem gesamten Gelände. 

Die gesamte Anlage wird mit Schréder EXEDRA gesteuert. Das System erfasst Daten von den Endgeräten, bündelt und analysiert diese und zeigt sie auf intuitiv nachvollziehbare Weise an, damit die Verantwortlichen der Stadt ihre Serviceleistungen optimieren können. 
 

Town of Vizela installed urban lighting to create an engaging town centre to bring people out at night and save energy

Kein Schritt zurück in dunkle Zeiten

Die elektrische Beleuchtung spielt für den Charakter und die Identität von städtischen Räumen nach Einbruch der Dunkelheit eine entscheidende Rolle:  Sie beeinflusst auch wesentlich die Wahrnehmung von Sicherheit und Barrierefreiheit. Sie hat es den Menschen in den Städten während der Pandemie ermöglicht, sich ganzjährig vermehrt im Freien aufzuhalten. Die Beleuchtung auszuschalten, hat große symbolische Bedeutung. Kommen wir auf Paris zurück: Die nächtliche Beleuchtung des Eiffelturms ist bereits ziemlich effizient. Die dafür anfallenden Kosten machen nur 4 Prozent der gesamten Stromkosten des Wahrzeichens aus. Das Ausschalten der Beleuchtung bringt nur minimale Kosteneinsparungen, hat jedoch enorme Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Besucher*innen. Daher sollten es sich die Verantwortlichen in den Städten gut überlegen, ob die Einsparungen es wert sind, sich in diesen Wintermonaten in Dunkelheit zu hüllen.

 

Über den Autor
Jean-Luc Lambert ist seit 1988 als Maschinenbauingenieur für Schréder tätig und hat seitdem zahlreiche Stadtleuchten entwickelt, immer mit dem Ziel, das Design zu verbessern und für mehr Effizienz zu sorgen. Auf seinen Reisen durch die Welt hat er eine praktische Einstellung entwickelt. Sie ist die Grundlage für sein Streben nach der perfekten Lösung für Kunden in aller Herren Länder. In Sachen Beleuchtung macht ihm so schnell keiner etwas vor.

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